Gastbeitrag: Cyrill Luchsinger Berater, Blogger und Referent für Kundenzentrierung

Customer Experience vom theoretischen zum praktischen Erlebnis transformieren:

  • Das Silodenken durchbrechen
  • Wie implementiere ich CX im Unternehmen?
  • Die erfolgreiche Dreierkombination: Toolset – Skillset – Mindset
  • Welche “Skills” braucht es idealerweise für die CX-Arbeit?
  • Konklusion: Customer Experience ist eine Querdisziplin
  • Checkliste Customer Experience

Customer Experience bedeutet vor allem, die perfekte Balance zwischen Produkt- und Kundenzentrierung zu finden. Doch die Glaubwürdigkeitslücke (Credibility Gap) ist oft grösser als gedacht. Unternehmen sind der Meinung, dass sie ein klares Bild ihrer Kunden haben. Kunden wiederum haben das Gefühl, dass Unternehmen sie nicht verstehen. Durch die heutige, komplexe, dynamische Customer Journey wissen rund 90 Prozent der Unternehmen nicht einmal, auf welchem Weg der Kunde zu ihnen kommt. Dies führt zu falschen Entscheidungen. So investiert ein Unternehmen in eine neue App, anstatt in die bestehenden Social-Media-Kanäle – und so am eigentlichen Touchpoint und dem Kunden vorbei. An dieser Stelle setzt CX-Management an, denn zwischen Fremd- und Selbstbild liegt die Zukunft der Kundenzentrierung. CX-Management hilft dabei, die Komplexität all der Touchpoints, Customer Journeys und Geschäftsprozesse besser zu verstehen.

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Das Silodenken durchbrechen

Ein grosses Problem, wieso Unternehmen den Kunden nicht wirklich verstehen, liegt in ihrem Silodenken. Gedacht wird in verschiedenen Abteilungen, sei es Marketing, HR oder Finance. Kunden wünschen sich einfache, schnelle und zuverlässige Dienstleistungen. Gehört dazu ein Service wie beispielsweise eine Adressänderung, ist dieser allerdings bereichsübergreifend.

Um dieses Verhalten nachhaltig zu ändern, müssen Unternehmen aus Sicht der Konsumenten denken. Das bedeutet, einen Top-Down-Ansatz zu implementieren – Das Kundenbedürfnis wird zum Impulsgeber. Anstatt den Kunden erst bei der Abnahmekontrolle des Produkts nach seiner Meinung zu fragen, sollten seine Wünsche von Beginn an im Mittelpunkt stehen. In der Praxis bedeutet das beispielsweise für Projektleiter, eng mit CX-Managern zusammenzuarbeiten, um ein neues Projekt gemeinsam vorab zu analysieren. Wo machen Kundenbefragungen Sinn? An welcher Stelle ist eine UX-Abnahme wichtig? Es geht also um die Etablierung eines kundenzentrierten Mindsets – und zwar bereichsübergreifend. Nur, wenn interdisziplinäre Teams Teil der Produktentwicklung sind, kann der so weit verbreiteten Silobildung entgegengewirkt werden. Generell lassen sich vier Punkte ausmachen, die Unternehmen dabei beachten sollten:

  1. Gemeinsames Kundenverständnis aufbauen
  2. Bereichsübergreifende Kundenzentrierung entwickeln
  3. Rollen und Verantwortlichkeiten definieren
  4. Verantwortung übergeben und Mitarbeitende befähigen
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Etablierung eines kundenzentrierten Mindsets durch strukturelle, prozessorientierte und verhaltensbasierte Ausrichtung am Kunden. Quelle: Philippe Wicki, Swiss Re

Eine nachhaltige Veränderung des Unternehmens findet nur dann statt, wenn sich das Denken und Handeln jedes einzelnen Mitarbeitenden im Kern verändert.

Es ist ein Fehler, CX-Management nur auf den Endkunden zu beziehen. ‘Customer’ meint vielmehr auch den eigenen Kollegen.

Durch das Zusammenspiel verschiedener Abteilungen sind auch die Kollegen Kunden. Diese unternehmensinterne Zusammenarbeit ist der Schlüssel zur Lösung komplexer Probleme – und gleichzeitig die grösste Herausforderung. Auch wenn die Umsetzung bei allen liegt: Angestossen werden muss CX-Management auf oberster Ebene. Es muss von der Führungsebene vorgelebt, in Mitarbeiterziele übersetzt und in der Kultur des jeweiligen Unternehmens verankert werden.

Wie implementiere ich CX im Unternehmen?

Das sogenannte Customer Centricity Grid gibt einen Vier-Punkte-Plan vor, um die interne Unternehmensorganisation zu verändern und einen konsequenten Kundenfokus zu erreichen:

Experten Assessment

Auf welcher Stufe der Implementierung befindet sich CX-Management: auf funktionaler Ebene, prozessualer Stufe oder ist es bereits strategisch verankert?

Führung

Die fünf Punkte Anreize, Commitment, Befähigung, Offenheit und Priorisierung werden individuell hinterfragt: Inwiefern lebt die Führung die Unternehmenskultur vor? Wie offen können unterschiedliche Sichtweisen geäußert werden? Welche Priorität hat die Kundenzentrierung?

Zusammenarbeit

Werden die Punkte Touchpoint Interaktion, bereichsübergreifendes Denken, Konsequenz, Lernkultur und Toleranz im Unternehmen gelebt?

Implementierung

Durch persönliche Agilität können Unternehmen auf Kundeninteraktion in Echtzeit reagieren, um Probleme sofort in ihrer Entstehung zu beheben. Werden Kunden darüber hinaus in die Entwicklung eines Produkts miteinbezogen? Weiss jeder Mitarbeiter, welchen Beitrag er zum Kundenerlebnis leistet? Sind Informationen über Kunden in allen Abteilungen gestreut? Können Systeme, Prozesse und Kanäle so Kundeninteraktionen unterstützen?

Die erfolgreiche Dreierkombination: Toolset – Skillset – Mindset

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Quelle: Svenja Hofert (Mitarbeiter entwickeln, Zukunft der Arbeit gestalten)

Um aktiv Veränderungen anzustossen, ist vor allem eines wichtig: nicht nur darüber zu reden, sondern direkt mit dem Kunden in Austausch zu gehen. Die Kombination aus Toolset, Skillset und Mindset hilft dabei. Während das Toolset alle nötigen Instrumente (mit der Customer Journey als bekanntestem) meint, befasst sich das Skillset mit der Wirkung bestimmter Fähigkeiten. Der Bereich HR beispielsweise kann Einfluss nehmen, indem Mitarbeiter rekrutiert werden, die die Kriterien der Kundenzentrierung leben. Das Mindset schliesslich ist der schwierigste Punkt, da es kaum von aussen beeinflusst werden kann. Es handelt sich um die Grundhaltung, den verankerten Dienstleistergedanken, welcher vorhanden sein muss.

Welche “Skills” braucht es idealerweise für die CX-Arbeit?

“Skills” sind wichtige Fähigkeiten, die uns im Alltag und im Projektgeschäft auf die richtige Lösung bringen. Diese sind:

  • Perspektivenwechsel,
  • intensive Zusammenarbeit,
  • umfassendes Kundenverständnis,
  • Geschichten entwickeln,
  • ganzheitlich gestalten,
  • lernen durch Ausprobieren und
  • Erlebnisse inszenieren.

Konklusion

Die digitale Transformation hat den Kunden zum Dreh- und Angelpunkt gemacht. Um dem gerecht zu werden, braucht es umfassendes CX-Management, welches durch bereichsübergreifende Lösungen erreicht werden kann – denn Customer Experience ist eine Querdisziplin, die alle Abteilungen und Verantwortungslevel betrifft. Dementsprechend muss CX-Management in den Managementkontext eingebracht werden. So wichtig Markt- und Konkurrenzeinschätzungen für den Erfolg eines Produktes sind: Unternehmen müssen sich darüber hinaus auf ihre eigenen Fähigkeiten besinnen und diese ausbauen. Nur, wenn sich Unternehmen auf CX-Management einstellen und es in ihrer Kultur verankern, zeigen sich positive Veränderungen. Ganz egal, ob kleines Unternehmen oder grosser Konzern: diese Entwicklung muss Jeder durchlaufen.

Checkliste Customer Experience

Kunden lassen sich nicht allein durch ein aussergewöhnliches Produkt mitreissen, die komplette Customer Journey hat einen Einfluss. Sie beeinflusst, ob ein Kunde nachhaltig beeindruckt werden kann oder nicht. Unternehmen sollten daher folgendes beachten:

Die Säulen des Kundenkontakts

  • Teambasiertes, abteilungsübergreifendes Arbeiten
  • Kontextspezifisches, mit Hintergrundwissen über den Nutzer angereichertes Vorgehen
  • Proaktives Arbeiten durch die Analyse möglicher Probleme
  • Unbegrenztes Handeln über verschiedene Kanäle hinweg

Einsatz von KI

Der Einsatz von KI ermöglicht vorrauschauendes Engagement:

  • proaktive Kommunikation durch Einholung von Feedback
  • Erkennen von Frustration und schnelleres Handeln
  • Automatisierung von einfachen Kundenanfragen

Die Relevanz einer ausgeprägten Customer Experience Management Strategie

Mit Hilfe eines Vier-Punkte-Plans kann ein konsequenter Kundenfokus erreicht werden:

  • Experten Assessment: Auf welcher Stufe der Implementierung befindet sich CX-Management: auf funktionaler Ebene, prozessualer Stufe oder ist es bereits strategisch verankert?
  • Führung: Inwiefern lebt die Führung die Unternehmenskultur vor? Wie offen können unterschiedliche Sichtweisen geäußert werden? Welche Priorität hat die Kundenzentrierung?
  • Zusammenarbeit: Werden die Punkte Touchpoint Interaktion, bereichsübergreifendes Denken, Konsequenz, Lernkultur und Toleranz im Unternehmen gelebt?
  • Implementierung: Werden Kunden darüber hinaus in die Entwicklung eines Produkts miteinbezogen? Weiß jeder Mitarbeiter, welchen Beitrag er zum Kundenerlebnis leistet? Sind Informationen über Kunden in allen Abteilungen gestreut? Können Systeme, Prozesse und Kanäle so Kundeninteraktionen unterstützen?
Cyrill Luchsinger
Cyrill Luchsinger Berater, Blogger und Referent für Kundenzentrierung